Herr Dr. Harald Schulz verabschiedet sich nach 13 Jahren als Geschäftsführer der Köster & Co. GmbH in seinen Ruhestand. Bevor er zum 31.12.2022 ausscheidet, haben wir ein Interview mit ihm geführt und ihm einige Fragen gestellt.
Herr Dr. Schulz, Sie haben 2010 die alleinige Geschäftsführung bei KÖCO übernommen. Wie kam es dazu?
Nach dem Verkauf des inhabergeführten Unternehmens an die INDUS Holding AG habe ich die Geschäftsführung als angestellter Geschäftsführer der Köster Gruppe vom Inhaber Detlef Köster zum Jahresanfang 2010 übernommen: Zur Köster Gruppe gehören heute die operativen Gesellschaften Köster & Co. GmbH und deren Töchter, die Köster CZ und die Keramos sowie die Betriebsgesellschaft Anneliese Köster GmbH & Co. KG.
Was waren bisher die größten Herausforderungen für Sie bei KÖCO?
Es gab viele Meilensteine in der Geschichte von KÖCO, die ich als größere Herausforderung bezeichnen würde. Die Übernahme der Geschäftsführung im Jahr 2010 kurz im Anschluss an die Wirtschafts- und Finanzkrise stellte etwa eine immense Herausforderung dar, da wir in der Unterbeschäftigung waren und KÖCO aus der Krise wieder hochfahren mussten. Auch die Neuausrichtung der KÖCO in Technik und Vertrieb in den Jahren 2011/2012 verbunden mit Großinvestitionen in Ennepetal war ein wichtiger Schritt. Damals haben wir die neue Kaltumformpresse SACMA 670 in der brandneuen Produktionshalle eingeweiht, begleitet von einem frischen Webauftritt.
Den Aufbau der industriellen Großserienproduktion für technische Keramik mit neuer Fertigungstechnologie in Zacler empfand ich ebenfalls als größere Herausforderung. Die stufenweise Werksentwicklung für Keramos und Köster im tschechischen Zacler seit dem Jahr 2013 war für viele Jahre ein anspruchsvolles Projekt.
Ferner war auch die Verlagerung der gesamten Logistikdrehscheibe von Köster vom „Spreeler Weg“ an den neuen Logistikstandort „Aufsicht“ mit vergrößerter Lagerfläche in Ennepetal 2015 sehr ambitioniert. Damals hatten wir kein Backup und haben den Umzug trotzdem sehr gut gemeistert.
Ab 2014 stand die Entwicklung und der Großserienanlauf für endkonturnah gepresste, komplexe Kaltumformteile im Vordergrund.
Und schließlich wären da noch die globalen Krisen seit Anfang 2020. Die Corona-Pandemie hat unsere Branche ordentlich herausgefordert. Auch der Ukraine-Krieg betrifft uns unmittelbar, da er viele Störungen in den Lieferketten und Absatzmärkten mit sich bringt und damit extreme Kostensteigerungen einhergehen. Da bedarf es schon einer guten Krisenresilienz innerhalb der Unternehmenssteuerung.
Was hat sich in Ihrer Branche in den letzten 13 Jahren am meisten verändert?
Durch lokale Produktion und lokale Wettbewerber sind Absatzrückgänge in bestimmten Märkten, etwa in Russland und Asien, entstanden. Das hat natürlich auch große Auswirkungen auf unsere Branche. Gleichzeitig entstehen wachsende Märkte in Europa und den Vereinigten Staaten.
Die Verschärfung des Wettbewerbs bei Standardprodukten führte dazu, dass aus ehemaligen Händlern und Kooperationspartnern teilweise neue Wettbewerber entstanden sind. Auch damit muss man lernen, umzugehen und sich neu zu positionieren.
Das Wachstum in bestimmten Geschäftsfeldern mit kundenbezogenen Lösungen mit und ohne Automation des Bolzenschweißens sowie der Ausbau des Kundenservicegeschäftes stellen weitere größere Veränderungen in der Branche dar.
Was waren Ihre größten Erfolge bei KÖCO in den über 12 Jahren?
In über zwölf Jahren ist so einiges passiert, vor allem auf der Produktseite. Die Neuentwicklung der endkonturnahen Kaltumformung ohne Zerspanung für komplexe Kaltumformteile in Großserien (5 Millionen Stück im Jahr), die robotergestützte Produktion von sehr langen Kopfbolzen für anspruchsvolle Anwendungen und die Neuentwicklung leichter, mobiler Inverterschweißmaschinen für Schweißen von Bolzen mit größeren Bolzendurchmessern (2305i/1305i). Ein weiterer Meilenstein war auch die Markteinführung der Vollautomation des Kopfbolzenschweißens mit einem Keramikring für größere Bolzendurchmesser mit Vollautomatik-Schweißköpfen und Portalrobotern sowie mit dem Bolzenschweißroboter „BRUNO“ für kleinere Bolzendurchmesser. Und schließlich ist auch die Großserienproduktion von technischen Keramikringen (25 Millionen Stück im Jahr) ein echter Erfolg bei KÖCO.
Diese Erfolge waren nur in der Zusammenarbeit mit allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Köster-Gruppe möglich und dafür möchte ich mich noch einmal ganz besonders bedanken.
Was erwarten Sie von Ihren Nachfolgern?
Ich wünsche mir von meinen Nachfolgern, dass sie auf den Markenkern von Köster achten und dafür die Erfahrungen der langjährigen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nutzen. Dabei ist es wichtig, dass sie Köster mit den eigenen Produkten und einem innovativen Fertigungs-Footprint weiterentwickeln.
Was überwiegt: Freude oder Wehmut über den bevorstehenden Ruhestand?
Es ist eine Mischung von beidem. Das Gestalten von Veränderungen und Neuem sowie das Lösen von Problemen in der Zusammenarbeit mit anderen Menschen hat mir immer viel Freude bereitet und das soll auch weiterhin so sein.
Die Verabschiedung von Köster in den Unruhestand bedeutet nicht das Ende des strukturierten und logischen Denkens – ganz im Gegenteil: Ich freue mich auf Neues, bei dem ich die „graue Schale“ in meinem Kopf weiterhin nutzen kann.
Was werden Sie in Ihrem Ruhestand als Erstes tun?
Erstmal ein wenig verschnaufen, dann aufräumen, was zu Hause liegen geblieben ist, etwas mehr Sport machen und schließlich den Kopf für Neues und Nützliches einsetzen.
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